Keine gemeinsame Abendmahlsfeier beim ökumenischen Kirchentag??

In Randnotizen erfährt man, was eigentlich Schlagzeilen verdient: „Mit Rücksicht auf das katholische Kirchenrecht“ haben die Vorbereitungsgremien des Kirchentages sich gegen eine gemeinsame AbendmahIsfeier ausgesprochen.

Und den katholischen und evangelischen Gemeinden und Gruppen, die dennoch gemeinsam das Abendmahl feiern wollen, denen werden disziplinarische Maßnahmen angedroht. Ist den Verantwortlichen in beiden Kirchen eigentlich bewusst, was das für unsere Gemeinden bedeutet?

Ich gehöre zu der Generation, die ein halbes Jahrhundert ungeduldig darauf wartet, dass die Gemeinden vor Ort sich gegenseitig zur Abendmahlsfeier einladen können. Gerade weil auch uns Evangelischen die Abendmahlsfeier soviel bedeutet, haben wir kein Verständnis für die gegenseitige Ausgrenzung.

Die katholische Pastoralsynode von Dresden hat 1975 in dem Dokument „Ökumene im Bereich der Gemeinde" erklärt: "Unseren Gemeinden muss bewusst werden, wie sehr die Spaltung der Christenheit dem Willen des Herrn widerspricht. Die Trennung beeinträchtigt die Glaubwürdigkeit der christlichen Botschaft und der Christen selbst. Sie behindert die Kirche in ihrem Dienst an den Menschen und an der Welt“. Welche große Hoffnungen haben wir damals an solche Erklärungen geknüpft.

Unsere Kirchenleitungen haben uns vor übereilten Schritten gewarnt: Es muss doch alles gut vorbereitet werden! Wir waren bereit zu warten. Wir warteten und warteten und warten heute immer noch.

Und werden als Kirchen in unserer Gesellschaft immer unglaubwürdiger. In den Wochen der friedlichen Revolution haben evangelische und katholische Christen an runden Tischen moderiert. Sie haben Menschen mit sehr verschiedenen politischen Konzeptionen zum Gespräch zusammengeführt. Und an Abendmahlstischen finden wir Christen uns nicht zusammen? Ein ökumenischer Kirchentag in der so säkularisierten Hauptstadt Deutschlands muss zu den politischen und sozialen Spannungen in unserem Land etwas sagen und zu den gefährlichen Situationen im Nahen Osten, in Afghanistan, in Tschetschenien und zu dem Krieg im lrak.

Wer nimmt unsere Appelle an die Politiker, es immer neu mit politischen Lösungen zu versuchen, um Kriege und Gewalt zu verhindern, noch ernst, wenn er weiß, dass die Christen sich gegenseitig von ihren Hauptgottesdiensten ausgrenzen? Müssten wir unter diesen Voraussetzungen nicht eigentlich auf einen ökumenischen Kirchentag in Berlin verzichten?

Liebe Verantwortliche in den katholischen und evangelischen Kirchenleitungen und im Leitungsgremium des Kirchentages. Überdenken Sie noch einmal ihre diesbezüglichen Beschlüsse. Wenn Sie diese nicht wieder aufheben können, dann sorgen Sie bitte dafür, dass während des Kirchentages öffentlich diese gegenseitige Ausgrenzung beklagt wird und einzelne nicht offizielle gemeinsame Abendmahlsfeiern als Experimente und als Wagnisse im Glauben gedeutet und verstanden werden.

                                  Helmut Hartmann, Dessau