Der AKH arbeitet seit der Wende mit dem Bensberger Kreis (BK) in themenorientierten Arbeitsgruppen zusammen. Zunächst beschäftigte uns das brennende Thema "Eigentum" für mehrere Jahre. Wir konnten uns aber auf keinen gemeinsamen Text einigen, der die seit den 60er Jahren nicht unbedeutende Memorandentradition des BK - man denke nur an das sog. "Polenmemorandum", das sicher die deutsch-polnische Aussöhnungspolitik beeinflußt hat, oder an das Memorandum "Antisozialismus aus Tradition, zum Verhältnis von Christentum und Sozialismus" (Rowohlt Taschenbuch 1976) -, mit einem visionär-alternativen Denkansatz in Kirche und Staat hätte fortsetzen können.
Im April 2001 meldeten BK und AKH sich zusammen zur Israel-/Palästinafrage mit dem Beitrag "Israel-Palästina - Sicherheit durch Frieden - statt Frieden durch Sicherheit", der Ihnen in den Sendungen und den Vollversammlungen des AKH nahegebracht worden ist. Inzwischen liegt eine 2. Auflage vom Februar 2002 vor.
Seit 1999 beschäftigt sich auch eine andere Arbeitsgruppe des BK mit der grundsätzlichen Überarbeitung seines aus dem Jahr 1987 stammenden Memorandums "Zu einigen Aspekten der Kirchenfinanzierung". Der AKH seinerseits hat das Problem der deutschen Kirchensteuer, der wir - wie auch sonst - fast lautlos beigetreten sind, als "Überlegungen zur Kirchensteuer" in das pastorale Zukunftsgespräch des Bistums Magdeburg im vorigen Jahr eingegeben, wie Sie aus unserer Sendung vom 02. April 2001 ersehen konnten. In der Zwischenzeit wurde im BK und AKH weiter an der Problematik gearbeitet, und man kam wegen des Grundsatzes der Trennung von Kirche und Staat und um der Glaubwürdigkeit willen zu anderen grundsätzlichen Ergebnissen und Forderungen.
Da zu erwarten steht, daß auf der gemeinsamen Vollversammlung des BK und AKH am 11. bis 13.10. 02 in Erfurt beide Kreise nach ihrem Ritus abschließend über die Arbeit der AG Kirchensteuer befinden werden, möchte der Sprecherkreis des AKH seinen Freunden und Mitstreitern die Kirchensteuerproblematik in dieser Sendung thesenhaft vor- und zur Diskussion stellen. Über Rückmeldungen jedweder Art bis Ende September würden wir uns natürlich freuen.
Es ist deshalb an der Zeit, daß die Kirchen auch das auf der Basis des Grundgesetzes gewachsene Staat-Kirche-Verhältnis ohne äußeren Zwang grundsätzlich neu bedenken und ändern.
Wir plädieren für eine strikte Trennung zwischen Kirche und Staat und votieren damit zugleich dafür, daß das bestehende Kirchenfinanzierungsmodell um der Glaubwürdigkeit willen ganz abgeschafft werden muß.
Unsere Optionen werden selbst vom Vatikan gestützt, wenn Kardinal Ratzinger sagt: "Ich denke, daß die Kirche in Deutschland mit ihren großen Institutionen darüber nachdenken muß, was geistig noch gedeckt ist und was bloß durch die Macht der Finanzen und der Organisation fortbesteht, ohne wirklich geistigen Inhalt zu haben. Die Kirche in Deutschland muß sich fragen, von welchen Dingen sie sich freiwillig trennen kann, bevor sie ihr genommen werden", Interview in der "Rheinischen Post" vom 14.10.1994).
2.1 Es ist in seiner Art einzigartig auf der ganzen Welt. Der automatische Einzug der Kirchensteuer durch den Staat gegen eine Gebühr von 2 - 4,5 % des Kirchensteueraufkommens ist durch das Grundgesetz und durch Landesgesetze garantiert.
2.2 Es hat die beiden großen deutschen Kirchen zu den reichsten in der Welt gemacht. Vorstellung eines Thesenpapiers des Sprecherkreises des AKH zur deutschen Kirchensteuerproblematik
2.3 Es wird aber lt. Umfragen nur noch von etwa 1/3 der Bundesbürger gutgeheißen.
2.4 Es wird dem Steuerzahler die gesetzliche Möglichkeit verwehrt, den Ausgabezweck der Steuergelder entscheidend mitzubestimmen.
2.5 Die Zwangseintreibung der Kirchensteuer widerspricht dem Freiwilligkeitsprinzip einer Kirchenabgabe.
2.6 Der zentrale Kirchensteuereinzug hat zu zentraler Vereinnahmung und Verwaltung durch die Diözesen und damit zur Abhängigkeit der unteren Ebene geführt, wobei Machtmißbrauch nicht ausgeschlossen ist.
2.7 Entgegen dem allgemeinen Anschein werden Kirchensteuermittel nur zu einem geringen Teil für caritative Zwecke ausgegeben, schon gar nicht für kirchliche Krankenhäuser und Pflegeheime.
2.8 Durch die Kopplung der Kirchensteuer an die Lohn- und Einkommenssteuer und ihre Mechanismen zahlen nur etwa 1/3 der Kirchenmitglieder die Kirchensteuer, die aber wiederum ca. 90 % der Einnahmen des Bistums Paderborn z. B. ausmachen. Das ist ungerecht.
2.9 Ein Katholik - seine Taufe begründet automatisch seine Kirchensteuerpflicht - muß, wenn er auch nur Probleme mit der zwangsweisen Einziehung durch den Staat hat, vor dem Standesamt seinen Kirchenaustritt erklären, der automatisch die Kirchenstrafe der Exkommunikation nach sich zieht. Das ist unerträglich, da nach kirchlicher Lehre allein die Taufe die Kirchenmitgliedschaft begründet. Es ist ein Unding, daß die Kirchen es hinnehmen, daß der "Austritt" aus der Kirche durch eine Erklärung gegenüber staatlichen Behörden vollzogen werden muß.
3.1 die Abschaffung des derzeitigen Kirchensteuersystems mit seinem staatlichen Inkasso.
3.2 die schrittweise zügige Abschaffung der undurchschaubaren fast 200 Jahre währenden Staatsleistungen im Gefolge des Reichsdeputationshauptschlusses.
3.3 die Inanspruchnahme von Subventionen aus verschiedenen Staatshaushalten (z. B. für Schulen, Militärseelsorge) nur noch für eindeutig nach kostendeckenden Sätzen abrechenbare subsidiäre Leistungen der Kirchen in sozialen Lücken in der Gesellschaft, nicht mehr treuhänderisch flächendeckend.
3.4 den Verzicht auf Steuervergünstigungen (z. B. Grunderwerbssteuer, Mehrwertsteuer, Vermögenssteuer, wenn sie wieder eingeführt werden sollte).
4.1 Festsetzung der Höhe der Abgabe anhand von Steuertabellen als Richtwert, ohne Zwangsmechanismus, möglichst alle Kirchenglieder entsprechend ihrer sozialen Stellung durch Überzeugungsarbeit motivieren.
4.2 Wahl von Kirchenabgabeverwaltungsräten, die die Gelder transparent und demokratisch verwalten.
4.3 Einzug auf Pfarrgemeindeebene, in Personal- und Basisgemeinden, auch im Dekanats- oder Stadtebenenverbund.
4.4 Ausgleich zwischen kleineren und größeren, reicheren und ärmeren Gemeinden.
4.5 Abgabe von unten nach oben nach festzulegendem Schlüssel,
Absicherung von überregionaler seelsorglicher Arbeit (z. B. Jugend, Erwachsenenbildung, auf Dekanats- oder Diözesanebene, Planungssicherheit).
4.6 Dadurch Revitalisierung der Gemeindeebene: Förderung neuer Gemeindestrukturen (Personalgemeinden, Funktionalgemeinden).
5.1 Volle Transparenz bei der Verwaltung und Zuteilung der derzeitigen Kirchensteuermittel
5.2 Aufgabe des Zwangszahlungscharakters
5.3 Verzicht auf Exkommunikation als kirchliche Strafmaßnahme
5.4 Keine Kirchenaustrittserklärung mehr vor staatlichen Stellen
5.5 Nutzung der Rücklagen und Vermögen für Sicherung der Pensionsansprüche und für andere Verpflichtungen Mitarbeitern gegenüber, allerdings nicht in Höhen wie bei Banken und Industrie
5.6 Abbau der Beamtenkirche und der hochkarätigen Dienstwagenhierarchie
5.7 Abbau der überdimensionierten Bildungshäuser, Kindergärten, Privatschulen und Beratungen aller Art, Engagement in sozialen Lücken in der Gesellschaft
5.8 Kirche der ökumenischen Zusammenarbeit mit Synergieeffekten
5.9 Von der Volkskirche zur Kirche der Glaubwürdigkeit und der biblischen Verhältnismäßigkeit.
"Freiwillige Kirchenabgabe statt Kirchensteuer" - ein Thesenpapier des AKH-Sprecherkreises