das Jahr geht seinem Ende entgegen. Nur noch ein paar Tage bis zum Weihnachtsfest, das
traditionell mit der Verkündigungsbotschaft „Friede den Menschen auf Erden“ in Verbindung
gebracht wird.
Diese Verheißung lässt uns ungläubig ratlos zurück, wenn wir die täglichen
Gräuelnachrichten hören. Kriege, Flüchtlinge,Tod und Verzweiflung nehmen kein Ende.
Was ist da an Weihnachten zu feiern? „Die Menschwerdung Gottes zu unserer Erlösung“? -
hört sich das nicht allzu optimistisch, ja zuweilen fast blasphemisch an?
Und dazu stehen angesichts all der Gewalt pazifistische Überzeugungen zur Zeit nicht hoch
im Kurs. Das stellte Antje Vollmer in Deutschland Radio Kultur im Oktober fest. Wir haben
diesen Radiobeitrag in unsere Sendung aufgenommen.
Und was können wir von der römischen Weltkirche in dieser Situation erwarten?
Den Beitrag von Peter Bürger (kath. Theologe u. freier Publizist) mit dem Titel „Der Teufel ist
ein glasklarer Theologe“ möchten wir dazu empfehlen; er ist überaus lesenswert. Bürger
meint, dass sich die Kirche entscheiden muss zwischen Jesus und einem Zwangssystem
des Wahrheitsbesitzes:
Auf dem Globus explodiert die Gewalt an allen Enden. Die Politik der Mächtigen zeugt von
einem vollständigen Wirklichkeitsverlust, auch wenn die Medien in ihrer Berichterstattung
entlang einiger „ausgewählter“ Themenschauplätze so tun, als ginge alles irgendwie noch
rational vonstatten. Derweil stehen in der römisch katholischen Weltkirche ganz oben auf der
Tagessordnung Fragen, deren Klärung vor einem halben Jahrhundert versäumt, bzw.
sabotiert worden ist. Man debattiert etwa darüber, ob geschiedene Kirchenmitglieder nach
einer erneuten Heirat weiterhin vom Abendmahl ausgeschlossen bleiben oder in welcher
Tonart sich „die Kirche“ zukünftig zur Homosexualität äußern soll.
Angesichts solch hausgemachter Problemlagen, Prioritäten und Dramatiken ist für
Fernstehende klar, dass auch die verfasste Kirche, die sich als „Lehrerin des Erdkreises“
versteht, an einem vollständigen Wirklichkeitsverlust leidet.
(Den Beitrag können Sie weiterlesen in: „telepolis, 27.10. 2014 unter
http://www.heise.de/tp/artikel/43/43159/1html)
In eigener Sache finden Sie in der Sendung eine Besprechung der Promotionsarbeit über den AKH in der DDR-Zeit von Sebastian Holzbrecher. Josef Göbel hat sich ausführlich damit
befasst und seine ganz spezielle Sicht zum Thema erläutert.
Der AKH hat sich an der Vorbereitungstagung der Wittenberger Ökumenischen
Versammlung 2017 vom 22. und 23. August des Jahres mit drei Teilnehmern eingebracht.
Allerdings sind die nicht ganz glücklich mit dem thematischen Verlauf der Tagung gewesen.
Es wurde festgestellt, dass das Hauptaugenmerk auf das Feiern des 500jährigen Jubiläums,
weniger auf die ständige Reformationsbereitschaft in den christlichen Konfessionen gelegt
wurde. Der AKH-Beitrag ( Reformation kann schnell zu einer abgebrochenen Revolution
missraten) wurde als anspruchsvoll und bedenkenswert eingestuft, passte aber nicht so ganz
ins Festkonzept.
Wir haben nachträglich noch mal insistiert, um unseren Spielraum bei einer nächsten Zusammenkunft abzustecken.
Und nun, - ganz wichtig,- unser Hinweis auf die Frühjahrstagung 2015, vom 17. bis 19. April auf der Huysburg.
Klaus Winkelmann hat den Flyer dazu wieder in „Familienarbeit“ ausführlich und einladend gestaltet. Sie finden alle notwendigen Angaben darin. Wir empfehlen ihn Ihrer Aufmerksamkeit.
Anmelden kann man sich ab sofort, bis spätestens zum 28. Februar bei der angegebenen Adresse.
(Bitte beachten: Die Überweisung der Kosten ist nicht mit einer Anmeldung zu verwechseln!!)
Trotz der unfriedlichen Welt wünscht Ihnen für die Advent- und Weihnachtszeit persönlichen Frieden mit Zeit für Besinnung und gegenseitige Zuwendung – auch im Namen des Sprecherkreises
Monika Doberschütz
Wider die Verächter des Pazifismus
Pazifistische Überzeugungen stehen aktuell nicht hoch im Kurs. Ganz Deutschland wird
stattdessen mit Schreckensbildern des islamischen Terrors einem hochmoralischen Härtetest
unterzogen. Er ähnelt den Fragen, mit denen einst Wehrdienstverweigerer drangsaliert wurden:
Was tun Sie, wenn vor Ihren Augen Ihre Mutter von einer Soldateska brutal vergewaltigt wird und
Sie haben eine geladene Pistole in der Hand?
Die Mutter unserer Kompanie, Ursula von der Leyen, posiert mitten im kurdischen Kampfgebiet,
um den fremden Bodentruppen Mut einzuhauchen. Ein Parteivorsitzender der Grünen, Cem
Özdemir, verkündet, mit der Yogamatte unterm Arm sei da halt nicht viel auszurichten.
Solche Witzelei ist in der Partei, die ohne die Friedensbewegung nie entstanden wäre, schon an
sich eine Schändung von Geist und Mythos ihrer Gründergeneration, von Petra Kelly bis Joseph
Beuys. Außerdem ist sie historisch von erschreckender Unbedarftheit, Dennoch regt sich kaum
jemand darüber auf.
Der Pazifismus scheint rückstandsfrei abgewickelt und ins Reich der Träume aus der Jugendzeit
der Bundesrepublik verbannt. Militärische Optionen umgeben sich mit der Aura zeitgerechter
Verantwortungsethik und dem Ruf nach dem Erwachsenwerden von Staaten, die ihre neue Rolle
in der Welt markieren wollen, wie Hunde ihr Revier.
Die modernen Bellizisten rechtfertigen sich meist mit dem Verweis auf die „schändliche“
Appeasement-Politik der Alliierten gegenüber Hitler zur Zeit des Münchner Abkommens, Oder es heißt, die heutige globale Welt mit ihren asymetrischen Schlachten erfordere eben eine grundlegende Revision des traditionellen Kriegs- und Völkerrechts.
Erstaunlich und ein einziger Quell von Hoffnung ist, dass die Bevölkerung von einer zähen Skepsis erfüllt bleibt. Sie misstraut diesem neuen Menschenrechts-Bellizismus. Diese meist stumme, notorisch kriegsunwillige Mehrheit bewahrt nicht nur die traumatischen Bilder der letzten Weltkriege, der eigenen Schuld an fremden Völkern und der Bombenkriege im kollektiven Gedächtnis.
Sie hat auch die überzeugenden Beispiele von Politikern vor Augen, die alles, aber auch alles daran setzten, ihren Kampf gewaltfrei zu führen, um so auch dem Gegner einen Ausweg zu einer friedlichen gemeinsamen Zukunft offen zu lassen.
Das war das Beispiel des gewaltlosen Widerstandes eines Gandhi gegen das britische Empire, eines Nelson Mandela gegen das blutige Apartheid-Regime, eines Vaclav Havel und eines Lech Walesa, ohne deren Vorbild auch ein Michael Gorbatschow nie gewagt hätte, seine Soldaten in den Kasernen zu lassen. Nein, es fehlt nicht an Beweisen für die politische Qualität des Pazifismus, es fehlt an Politikern, die aus diesen Jahren der Blütezeit gewaltfreier Konfliktlösungen Konsequenzen für heute ziehen. Wollen die selbsternannten Totengräber des Pazifismus wirklich behaupten, eine Oligarchin Julia Timoschenko, ein Multimilliardär Chodorkowski und eine Punk-Band Pussy Riot gehörten in diese Reihe der Freiheitskämpfer der Menschheit?
Sollen wir wirklich intellektuell zustimmen, die IS-Soldateska sei aus dem reinen Nichts des Bösen entstanden und hätte weder mit dem Irak-Krieg, noch mit dem Afghanistan-Desaster oder der jahrelangen Destabilisierung des ganzen Nahen Ostens zu tun?
Manchmal scheint mir, die Pazifismus-Verächter rufen immer besonders gern die Pazifisten zur Verantwortung und an ihre Seite, wenn sie am Ende ihrer Logik angekommen sind und die düsteren Schatten des von ihnen verursachten Chaos selbst nicht mehr ertragen.
Der Rausch ist vorbei. Da hilft nur die Einsicht, dass die eigene triumphale Strategie gescheitert ist und selbst einen Ausweg braucht.
Antje Vollmer
Kleines Echo auf eine große Arbeit:
Sebastian Holzbrecher „Der Aktionskreis Halle“
Es lohnt, den Untertitel „Postkonziliare Konflikte im Katholizismus der DDR“ im Auge zu behalten, wenn man die wunderbar verführerisch geschriebene Arbeit richtig wertschätzen will.
Man kann gerade als ein zeitweiliger Zeitzeuge leicht verführt werden, auf nachgeordnete Konflikte und ihre Darstellung mehr zu achten als auf diese Fragestellung. Die postkonziliaren Konflikte gab es in unterschiedlichen Graden überall in den katholischen Gemeinden, sogar wohl in ähnlichen
Themenstellungen.
Unter den Bedingungen der DDR gab es einen zusätzlichen Konflikt durch die „unheilige Allianz“ (Peter Willms) von Staat und Kirche gegenüber Reformbestrebungen aus gegensätzlichen
Absichten. Holzbrecher spricht - für mich noch genauer – vom „kooperativen Antagonismus“
(S.411f.)
Dieser Antagonismus zwischen - wie soll man ihn benennen - zwischen Kommunismus und Antikommunismus? Diktatur und Demokratie? Gut und Böse? oder einfach zwischen Schwarz und Weiß? - wird auch den Kirchen aufgedrängt. Seit Konstantin benutzen die Herrschenden die Kirchen (wie vorher und nachher auch die anderen Religionen) gern zur Legitimation und zur Befestigung des Antagonismus. Und leider haben sich die Kirchen oft gern auf eine Seite ziehen lassen. Nicht aus Bosheit, sondern aus Schutzbedürfnis für ihre Tätigkeit – auch z.B. in der Reformationszeit,- obwohl unser Herr und Meister die Jünger mahnt: „Wartet bis zur Zeit der Ernte....“. Aktuell in der neuen unipolaren Welt, wie weiland gegen Ende des Römischen Reiches, steht das Christentum unter besonderem Erwartungsdruck zur Sanktionierung des „Imperiums der Alternativlosigkeit“ mit der entsprechenden Ablehnung (bis Christenverfolgung) von denen, die dagegen anrennen. Es baut sich vor unseren Augen eine neue antagonistische Situation auf. Können die Religionen „dazwischen bleiben“ - oder werden sie benutzt zur Verschärfung des Antagonismus? Man kann dem „kooperativen Antagonismus“ zu Zeiten des kalten Krieges oder nach dem Westfälischen Frieden Positives abgewinnen. Wir erlebten den Antagonismus zwischen der „Arbeiterklasse“ - denen von unten, eigentlich denen „von uns“- , die sich an der Macht wähnte – und der Kirche, die als Vertreterin der überwunden geglaubten Kräfte gesehen wurde, und sich oft auch selbst so sah. Kooperativ konnten beide sein unter den Bedingungen des alten Krieges in restaurativer, und je systemerhaltender Abwartehaltung.
Das zweite Vatikanische Konzil war neben anderen Aufbrüchen der Zeit eine Kraft zur Überwindung des Antagonismus, eben durch eigene Reformbereitschaft. Wer sich, wie der AKH, der Rezeption des Konzils in seiner Zeit und in seinem Raum verschrieb, geriet unter die Flügel der Kooperation der antagonistischen Kräfte und war bedroht, jeweils von einem von beiden tangiert zu werden. Holzbrechers lapidare Feststellung ist zutreffend: „Der AKH war kein Hort des Widerstandes“ (S. 339), er war ( und ist) ein „kirchlicher Vorgang“ (S.359); schade, dass sich diese schöne, von Weihbischof Hubrich zum Schutz erdachte Bezeichnung nicht durchgesetzt hat. In drei Themenfeldern hat Holzbrecher die inhaltliche Rezeption des Konzils durch den AKH beispielhaft beschrieben: Die Dresdner Pastoralsaynode, die Friedensfrage und die Ökumene.
Sehr richtig hat er unsere inhaltliche Arbeit so zusammengefasst: „Das Entscheidende dieser drei Themen ist die Verbindung von innerkirchlichen Reformanliegen und gesellschaftsorientierter Ausrichtung der katholischen Kirche in der DDR ….“ (S.137). Die Entstehungsgeschichte des AkH im Zusammenhang mit dem Bischofsaustausch 1969 als „Gründungsmythos“ zu Beginn ausführlich zu beschreiben, ist sinnvoll, um zu zeigen, dass das Konzilsthema von Anfang an konkretisiert werden sollte auf Zeit und Ort – z.B. bei der Wahl eines neuen Bischofs.
Antagonistisch sich verstehende Verhältnisse erzwingen förmlich „Konspiration“ auf beiden Seiten und in beide Richtungen für Menschen, die „dazwischen bleiben“ wollen. Mir persönlich wurde das in den 50iger Jahren bewusst beim regelmäßigen Wechsel zwischen Ost und West: im Osten galt ich als schwarz, im Westen als rot.
Natürlich gibt es graduelle Unterschiede hinsichtlich der Moralität von Konspiration bis hin zum eindeutig zu ahndenden Verbrechen. Dass die Staatssicherheit eine Sonderstellung hat, erklärt sich auch aus dem gesellschaftlichen Konzept des Staatssozialismus, wo dann eben alles „staatlich“ ist, also auch die Methoden der Konspiration gesetzlich sind. Einmalig ist es auch, dass wir nun aufgrund der staatlichen Erfassung und des folgenden Aufarbeitungsgesetzes (das nicht unendlich lange eine eigene Behörde rechtfertigen sollte) die Möglichkeit haben, aus dem zwangsläufig negativen Gefälle jeglicher Konspiration zu lernen. Wenn heute angeblich von Arbeitgebern verlangt wird, nicht über die Lohntüte zu sprechen, ist das zwar nicht gesetzlich verordnet, aber konspirativ zum Nutzen des als Mysterium auftretenden Geldes. Wer dekonspiriert, stört in diesem Fall den Kult um den Mammon. Noch deutlicher ist das z.B. bei bei kreativen Auslegung der Steuergesetze. Und geht nicht das sehr kapitalkonforme Verhalten bei bisweilen notwendigen Veräusserungen von kirchlichem Besitz in die gleiche Richtung? Es gibt aber auch
vernünftige Gründe zur Konspiration, z.B. eben um eines Burgfriedens willen. Das ganze politische Geschäft muss bisweilen konspirativ sein – in der Hinsicht könnte man vielleicht den dargestellten Vorgang um Peter Renger verstehen (S.292f), der immer schon gern politisierte - warum sollen es immer nur die da oben tun dürfen. Und wenn es dafür einen staatlichen Eckermann gäbe wie zu DDR-Zeiten, kämen auch heute sehr abträgliche Äußerungen zu Einzelpersonen zutage.
Holzbrecher betont an mehreren Stellen, dass die Quellen aus staatlichen, oder gar Stasiakten nur sehr bedingt genutzt werden können (S.30 und S.266). Im Eifer des Gefechts mit den vielen Quellen scheint er das in ganz wenigen Fällen nicht berücksichtigt zu haben. Es gab auch zu DDR-Zeiten für christlich motivierte Bürger Gründe zur Konspiration, eben um den Antagonismus zu stören – um auch auf der anderen Seite den Bruder zu suchen. Diese Einstellung wird mit anderen Worten auch von Holzbrecher gewürdigt, aber am Ende steht doch eine Nuance von moralischer Bewertung, etwa bei Helmut Hiller.(S.297). Abgewandelt gilt das auch für Reinhold Seppelt. (S.275)
Inwieweit haben staatliche Stellen die Entwicklung des AKH beeinflusst? Wir werden natürlich immer beeinflusst von uns umgebenden Mächten und Gewalten. Aber die stärkere Hinwendung zu theologischen Themen um 1980 herum, entsprach damals ganz originär unserer eigenen Entwicklung und zeitgleich konnten wir spüren, dass ein Kandidat das als Erfolg bei der Stasi vermelden wird. (326 ff)
Der „Preysing-“, „Weskamm“- oder „Döpfnererlaß“ (S.245), wonach u.a. der einzelne Geistliche nie mit staatl. Stellen zu sprechen habe, wurde bei vielen von uns nicht so ernst genommen, auch gar nicht so ausdrücklich abverlangt. Manche haben dem Ordinarius direkt gesagt, dass sie sich nicht daran halten werden, weil sonst notwendigerweise oben konspiriert wird – wie sich ja dann bestätigt hat.
Im AKH selbst war, wie richtig beschrieben, (S.298 ff) ein stiller Widerstreit, ob wir irgendwie unsererseits aus- und abgrenzen oder alle einbeziehen sollen in der Hoffnung, dass Systemverhaftete mit solch geistlicher Naivität nicht rechnen. Manche von uns hatten auch kein Interesse an einer abgerungenen Dekonspiration. Es hat übrigens doch seitens des AKH Gespräche nach 89 gegeben – auch ganz verunglückte, z.B. in einer Vollversammlung mit Reinhold Seppelt.
Es tut gut und entspricht seiner in der ganzen Arbeit um Ausgewogenheit bemühten Haltung, dass Sebastian Holzbrecher bei der Schlussbetrachtung auch das Urteil über Kardinal Bengsch im Blick auf den von seiner Theologie her nachvollziehbaren kooperativen Antagonismus offen hält (S.420).
Und wir müssen uns am Ende – wie alle - mit der scheinbaren Vergeblichkeit zufrieden geben: „Unsere“ Demokratisierung ist nie am Ende und neuerlich akut bedroht durch Freihandelsabkommen mit nicht unabhängigem Gerichtswesen, „unsere“ Humanisierung steht wieder am Anfang angesichts der Flüchtlingsströme, und „unsere“ Neuinterpretation des
Glaubens...........??
Josef Göbel